Potiers et moulistes.

Observations sur les structures des ateliers de terre sigilleé décoreé.


Publiziert in: Société Française d'étude de la Céramique Antique en Gaule. Actes du Congrès de Millau 12-15 Mai 1994 (Marseille 1994) 19-41.

Si vous voudrez lire cette texte en Français

(Dort mit sehr viel mehr Abbildungen!)

A.W. Mees 1
Für das Terra Sigillata-Produktionszentrum La Graufesenque wurde das Verhältnis zwischen Modelherstellern und Ausformern in neuerer Zeit intensiv studiert 2. Während der ganzen Produktionszeit haben die Formschüsselhersteller ihre Muster je nach Bedarf signiert. In mehreren Fällen ist nachweisbar, daß eine modelsignierte Formschüssel Drag. 29 in einer anderen Werkstatt ausgeformt wurde (Liste 2). Im Falle des Modestus wurden Model der Form Drag. 29 sogar in vier verschiedenen Töpferateliers benutzt. Eine Auslagerung von Formschüsseln ist also für die Form Drag. 29 in La Graufesenque nachweisbar. Die Ausformer von Bilderschüsseln der Form Drag. 29 in La Graufesenque haben bis etwa 85/90 n.Chr. ihre Produkte mit Bodenstempeln versehen 3. Danach verliert sich die Spur der Ausformer, da die Form Drag. 29 nach diesem Zeitpunkt nicht mehr hergestellt wurde. Die seit der Mitte der 60er Jahren bis zum Exportende um 120 n.Chr. hergestellte Form Drag. 37 wurde aus uns bis jetzt unbekannten Gründen nicht mehr mit Bodenstempeln versehen 4. Sowohl die Form Drag. 37 als auch Form Drag. 29 wurde in einem aufwendigen Arbeitsvorgang produziert: wurde bei der Form Drag. 29 der Boden mit der Ausformung zusammen ausgeformt, so ist bei der Form Drag. 37 das Anbringen des Standringes ein separater Arbeitsvorgang gewesen. Eine derartige Arbeitsteilung, wobei die Standringe für die Form Drag. 37 vorgefertigt werden, ist natürlich effizienter und man kann sich eine solche Arbeitsteilung nur in einem größeren Betrieb als sinnvoll vorstellen. Für ein Töpferatelier mit mehreren Angestellten könnte das Ausformen der Form Drag. 37 durch die mögliche Arbeitsteilung kostengünstiger stattfinden als die aufwendigere Herstellung von Gefäße der Form Drag. 29. Das Verschwinden von Bodenstempeln in Ausformungen geschah in einer Phase, worin die Officinae in La Graufesenque allmählich mehr an Bedeutung zunahmen.

In Montans, wo die Bezeichnung Officina selten verwendet wurde, sind Gefäße der Form Drag. 37 meistens in Modeln mit einem Hohlraum ausgeformt und mit einem Standring wie für die Form Drag. 29 versehen sowie gelegentlich im Boden gestempelt. In Montans sind also keine für die Ausformungen Drag. 37 vorgefertigte Standringe anzunehmen, so daß aus diesem Gesichtspunkt eine geringere Arbeitsteilung in den Töpferateliers angenommen werden darf. Dies läßt vermuten, daß; es einen Zusammenhang gibt zwischen der Größe einer Werkstatt - die im Falle von La Graufesenque durch das Wort Officina gekennzeichnet wird - und die Zunahme der Arbeitsteilung innerhalb eines Töpferateliers.

Die Modelhersteller in La Graufesenque dekorierten im Laufe der Zeit ihre Formschüsseln mit immer weniger, dafür aber größeren Punzen 5. Es liegt auf der Hand, hierin keine stilistische Bevorzugung, sondern eine Reaktion auf die Anforderung zu sehen, immer mehr und schneller Model zu produzieren. Auch die Größe der Punzenserien der Modeldekorateure in La Graufesenque wurde immer kleiner.

Der Absatz der jüngsten Modelhersteller wie Amandus und Bassus aus La Graufesenque beschränkt sich nur noch auf die Narbonensis. Aus dem Diagramm einer Korrespondenzanalyse der Verbreitung sämtlicher Modelhersteller aus La Graufesenque wird ersichtlich, daß die Narbonensis und Italien ein eigenständiges Belieferungsspektrum - in diesem Falle durch die jüngsten Formschüsselhersteller Amandus, Bass--, Pas-- und Rosette I - aufweisen 6. Auch Germania Inferior und Britannia wurden bevorzugt mit Produkten bestimmter Modelhersteller wie z.B. Censor, M. Crestio, Frontinus I, Murranus, Patricius II und Pontius beliefert. Dies zeigt, daß die Modelhersteller, obwohl sie keineswegs immer die Endprodukte (Ausformungen) hergestellt haben, trotzdem mit der Vermarktung der Ausformungen eng verbunden waren. Dies könnte darauf hindeuten, daß, obwohl Model zum Ausformen ausgelagert wurden, der Vertrieb der Ausformungen durch die Firmen der Modelhersteller gelenkt wurde. Im Oberwinterthurer Keramiklager z.B. befinden sich durch Aveius gestempelten Ausformungen aus durch Passienus signierten Modeln. Da von Passienus gestempelten Ausformungen die übergroße Mehrheit in diesem Keramikdepot bilden und weitere Produkte des Aveius im Keramiklager fehlen, ist wohl anzunehmen, daß die Ausformungen des Aveius mit den Produkten des Passienus zusammen vermarktet wurden 7.

Um die Frage bantworten zu können, inwieweit das Verschwinden des Brauches, Stempel in Ausformungen anzubringen auch mit einer Produktionsstrukturänderung in den Dekorationsateliers zusammenhängt, ist ein vollständiger Punzenkatalog unentbehrlich. Für La Graufesenque kann diese Frage durch das Fehlen eines Punzenkatalogs leider noch nicht beantwortet werden. Die Arbeiten dazu haben schon angefangen, aber es wird noch mehrere Jahren dauern bis ein Corpus der Punzen aus La Graufesenque zur Verfügung stehen wird.

Im Produktionszentrum Lezoux sind während einer beschränkten Produktionsphase nach etwa 140 n.Chr. Randstempeln auf Ausformungen der Form Drag. 37 angebracht worden (Liste 2). Die Funktion dieser Randstempel ist offensichtlich identisch mit den Bodenstempeln aus La Graufesenque. Leider fehlt auch für dieses Produktionszentrum ein vollständiger Punzenkatalog, so daß die Frage nach einer möglichen Produktionsstrukturänderung auch für Lezoux nicht beantwortet werden kann. Randstempel sind auch in den Produktionszentren Rheinzabern und Westerndorf nachweisbar (Liste 2). In diesen Töpferzentren wurden gelegentlich Model eines einzigen Formschüsselherstellers in verschiedenen Ausformer-Ateliers verwendet. Auch hier ist eine ähnliche Funktion der Randstempel wie in La Graufesenque anzunehmen. Ausgehend von den bestehenden Datierungsvorschlägen für die einzelnen Modelhersteller aus Lezoux und Rheinzabern, bei denen Randstempel nachweisbar sind, darf vielleicht eine Gleichzeitigkeit - zwischen 140 und 170 n.Chr. - dieser nachweisbaren Ausformertätigkeit angenommen werden. Die Datierung vom Töpferzentrum Westerndorf ist noch größtenteils ungeklärt. Bisher neigte die Forschung zu einer Anfangsdatierung am Ende des 2. Jahrhunderts 8. Die Parallelität in der Organisationsform mit dem Anbringen von Randstempeln läßt aus dieser Sicht eine sogar noch ältere Anfangsdatierung von Westerndorf zu. Immerhin kommt Westerndorfer Ware in Norischen Gräber öfters zusammen mit früher Rheinzaberner Ware vor 9. Es stellt sich also die Frage, ob das Auftreten von Randstempeln in einem so weit ausgedehnten Raum (Mittelgallien bis zur Grenze Raetiens/Noricums) nach der Mitte des 2. Jahrhunderts ungefähr gleichzeitig geschah. Während bei den Produktionszentren Rheinzabern und Westerndorf das Phänomen von Randstempeln vielleicht auf den Anfang des Produktionswerkstattes beschränkt gewesen ist, tritt in Lezoux dieses Phänomen dagegen erst in einem entwickelten Produktionsstadium auf (Liste 2).

Für die zukünftige Forschung dieser Produktionszentren wäre eine wichtige Frage zu beantworten, nämlich inwieweit das Auftreten von Randstempeln mit der Produktionsweise, bzw. Produktionsänderung zusammenhängt, zu beantworten.

Im Moment gibt Rheinzabern die beste Voraussetzungen für eine Untersuchung nach einem Zusammenhang zwischen Produktionsstruktur und Ausformerstempeln, weil sowohl Punzenkatalog als auch die signierten Dekorationen zur statistischen Auswertung vorliegen 10. Es liegt deswegen auf der Hand, die Untersuchung nach einer Produktionsänderung bei der Herstellung reliefverzierter Terra Sigillata anhand von Rheinzabern exemplarisch zu erörtern.

In neuerer Zeit wurde anhand von Gruppenbildungsverfahren und Seriationen versucht, die Punzenrepertoires der Rheinzaberner Formschüsselhersteller in ihrem Verhältnis zueinander zu analysieren 11. Die Ergebnisse sind hier zusammengefaßt wiedergegeben. Die Seriation der Rheinzaberner Formschüsselhersteller mit ihren Punzen erfolgte nach dem Algorithmus von Kammerer-Goldmann und erbrachte eine Reihenfolge der Formschüsselhersteller (Liste 1). Ob diese Reihenfolge der Seriation eine Chronologie beinhaltet, ist aus einem direkten Vergleich zwischen dem Resultat der Seriation und den wenigen datierten Fundkomplexen mit Rheinzaberner Sigillaten nicht einwandfrei zu ermitteln (Liste 1). Diese wenige Fundkomplexe lassen - nicht zuletzt wegen ihrer oft anzweifelbaren Geschlossenheit - keine Schlußfolgerungen hinsichtlich der Frage zu, ob die Seriation eine chronologische Entwicklung widerspiegelt. Deswegen sollten weitere statistische Methoden zur Klärung dieser Frage herangezogen werden.

Ein Clustering der Rheinzaberner Punzenkombinationen mit Hilfe des Jaccard- Korrelationskoeffizientes erbrachte ein Dendrogramm, worin 7 Gruppen unterschieden werden können (Liste 3). Ausdrücklich sei darauf hingewiesen, daß die Reihenfolge der Gruppen im Dendrogramm willkürlich ist. Wie bei der Seriation, können auch beim Dendrogramm Punzenvererbungen sogenannte Scheinaffinitäten verursachen. Zum Beispiel: Wenn ein Töpfer von seinem Vorgänger einen Teil dessen Punzenvorrats übernimmt, kann eine Gruppenbildung beide Töpfer nebeneinander gruppieren, obwohl sie erst nacheinander gearbeitet haben. Die einzelnen Gruppen sind deshalb nicht ohne weiteres "en bloc" datierbar.

Die Reihenfolge der Seriation ist möglicherweise als Produktionsbedingt anzusehen. Um dieses Problem näher studieren zu können, wurden die Punzenserien der Rheinzabern Formschüsselhersteller einer Korrespondenzanalyse unterzogen. Das daraus resultierende Diagramm ist in Zusammenhang mit der Seriation und dem Dendrogramm auswertbar.

Im Diagramm der Korrespondenzanalyse sind die im Dendrogramm wahrnehmbaren Gruppen aufgetragen. Die Gruppen 1, 2 und 7 sind sowohl in der 1. und 2. wie in der 1. und 3. Komponente als Gruppen erkennbar. Zwischen den Gruppen 1, 2 und 7 ist die größte Varianz wahrnehmbar und sie bilden deswegen die Extreme der 1. Komponente (x-Achse). Die im Dendrogramm unterschiedenen Gruppen 3-6 sind im Diagramm sehr nahe zueinander in der Mitte gruppiert. Auf der 1. Komponente ist von links nach rechts die Reihenfolge der Seriation wiedererkennbar (vgl. Liste 1). Der Unterschied ziwschen Gruppen 2 und 7 wird durch die 2. Komponente (y-Achse) aufgeklärt. Die 3. Komponente (z-Achse) klärt hauptsächlich die Varianz zwischen Gruppe 7 und Gruppe 4 auf. Diese 3. Komponente (z-Achse) ist für die Gruppe 2 nicht relevant. Während die Gruppen 1, 3 und in geringerem Maß die Gruppen 4 bis 6 relativ kompakt sind, streuen die Gruppen 2 und 7 erheblich und in voneinander abweichenden Richtungen.

Die Randstempel der Rheinzaberner Ausformer sind nur bei Gefäßen aus Modeln der Gruppen 1 und 3 des Dendrogrammes nachweisbar. Zusätzlich kann nachgewiesen werden, daß sämtliche Modelhersteller der Gruppen 1 und 3 größtenteils sehr niedrige Prozentsätze abgekupferter bzw. kopierter Punzen aufweisen (Liste 3) 12. Die Anzahl kopierter Punzen der Modelhersteller nimmt bezüglich der Anordnung zur 1. Komponente (x-Achse) von links nach rechts gesehen durchschnittlich zu. Nach wie vor wurden neue Punzen entworfen und stießen sehr eigenständige neue Punzenserien hinzu (vgl. Iuvenis I, Lucanus I und Respectinus I, (Liste 3), aber den durchschnittlichen Anteil an kopierten Motive nahm sprunghaft zu (Liste 3). Die Vermutung liegt also nahe, daß es eine Beziehung zwischen einer niedrigeren Kopiertätigkeit und dem Vorkommen von Randstempeln geben könnte. Anders gesagt: bei einem selbständigen, originellen Punzenrepertoire ist häufig ein Model-Handel nachweisbar.

Da die 1. Komponente einer Korrespondenzanalyse die bedeutendste Entwicklung der Distanzwerten der Punzenserien aufklärt, gilt es zunächst dieser X-Achse eine Bedeutung zuzuordnen.

Die größte Distanz ist zwischen den Gruppen 1 und 7, bzw. 2 wahrnehmbar. Die "gebende" Funktion der Gruppe 1 wird durch die sehr niedrige Prozentzahl abgekupferter Punzen in ihrer Dekorationsserien unterstrichen. Aus Gruppe 1 stammen demnach die meisten Punzen, woraus - ergänzt mit kopierten Punzen und Neuanschaffungen - zuerst die Gruppen 4-6 und nachher die Gruppe 7 und in geringerem Maße die Gruppe 2 entstanden sind. Je abweichender ein Punzenrepertoire in der Gesamtvarianz ist, desto einflußreicher wirkt sie auf das Gesamtbild ein. Die eigenständigsten Punzenserien befinden sich in Gruppe 1 14. Historisch gesehen treffen wir in dieser Gruppe vor allem diejenige Töpfer an, in deren Punzenrepertoire die stärksten Verbindungen zu den Vorgänger- Werkstätten im Elsaß und Ostgallien wahrnehmbar sind.

Im Diagramm sind die Gruppen 3-6 sehr nah zueinander gruppiert. Auch im Dendrogramm wären die Gruppen 3, 4 und 6 als eine große Gruppe interpretierbar. Gruppe 5 ist etwas separiert. Im Diagramm der Korrespondenzanalyse hat aber Gruppe 3 noch die am meist unabhängige Position gegenüber den Gruppen 4-6, wie aus den y-Werten dieser Gruppe abgeleitet werden kann. Da in Gruppe 3 sowohl Randstempel als auch eine niedrige Kopiertätigkeit nachweisbar sind, darf vielleicht von einer "Gebertätigkeit" dieser Gruppe 3 gegenüber den Gruppen 4-6 ausgegangen werden. Offensichtlich hat diese Gruppe 3 den Anstoß zur Entwicklung der Gruppen 4-6 gegeben. Die Nähe der Gruppe 3 zu den Gruppen 4-6 verursacht, daß sie auf der x-Achse projektiert (wie in der Seriation, (Liste 1)), nicht mehr von den Gruppen 4-6 unterschieden werden kann.

Die Gegenüberstellung der Gruppen 2 und 7 durch die 2. Komponente, die im Diagramm durch die y-Achse widergegeben wird, ist bemerkenswert. Im Dendrogramm ist die Entfernung der Punzenserien zwischen den beiden Gruppen 2 und 7 auch gut ablesbar. Interessant ist hier eine "Täuschung" die durch die Seriation hervorgerufen wird, wenn man deren Resultat mit dem Dendrogramm vergleicht: offensichtlich hat die Gruppe 2 insgesamt doch noch mehr Punzen mit der Gruppe 7 gemeinsam als mit den anderen Gruppen, wodurch sie in der Seriation miteinander vermischt sind.

Die Position der residualen Dekorateure, die im 1- oder 2-dimensionalen Raum oft zwischen den anderen Gruppen plaziert sind, ist oft erst aus einer Analyse des Raumes erkennbar, der durch die ersten 3 Komponenten aufgespannt wird: sie schweben vereinzelt im Raum, viel weiter von der Gruppe als der Ort wo sie in Abb. 3 projektiert sind.

Die Sonderrolle des Reginus I, die bereits aus dem Dendrogramm ablesbar ist, ist bemerkenswert. Er ist durch die Randstempel mit Gruppe 1 zeitlich verbunden. Dem steht der hohe Prozentsatz (28%) an kopierten Punzen in seinem Repertoire gegenüber. Daß sein Punzenvorrat zum Teil aus dem ostgallischen Raum stammt, kann kaum angezweifelt werden. Verglichen mit z.B. Ianu I ist sein Einfluß auf die Punzenrepertoires der anderen Modelhersteller aber erheblich geringer gewesen (Liste 3) 15. Insgesamt scheint sich also die Entwicklung des Anteils an kopierten Punzen in den Rheinzaberner Punzenserien vor allem in der 1. Komponente der Korrespondenzanalyse widerzuspiegeln.

Wie in La Graufesenque ist auch in Rheinzabern eine allmähliche Verkleinerung der Punzenserien wahrnehmbar. Vor allem in den Gruppen 2 und 7 sind - mit wenigen Ausnahmen - sehr kleine Punzenserien nachweisbar. Betrachtet man die Positionen der Dekorateure zur 1. Komponente, so besteht offensichtlich eine inverse Beziehung zwischen der Größe eine Punzenserie und der Anzahl kopierter Punzen. Wenn man die Beziehungen zwischen 1. selbständige Punzenvorräte mit intensivem Punzenaustausch in den Gruppen 1 und 3 2. Anbrengen von Randstempeln, die einen individuell geprägten Formschüsselhandel belegen 3. zunehmender Anteil kopierter Punzen entlang der 1. Komponente 4. abnehmende Größe der Punzenserien miteinbezieht, darf die Schlußfolgerung gezogen werden, daß das Verschwinden der Randstempel auf eine änderung innerhalb der Rheinzaberner Produktion zurückzuführen ist. Da die Größe der Punzenserien in den Gruppen 4-6 zunächst kaum abgenommen hat und die Anzahl der Töpfer in diesen Gruppen gegenüber Gruppe 1 und 3 deutlich zunimmt, ist die Zunahme der Ateliers wohl als erste Ursache für das Verschwinden von Randstempeln zu vermuten. Die einzelnen, mit einem individuellen Dekorationsstil und originellem Punzenvorrat arbeitenden Töpfer der Gruppen 1 und 3 wurden durch die Großgruppe 4-6 abgelößt, in der auch stilistisch kaum individuelle Merkmale unterschieden werden können.

Hier drängt sich die Parallele mit La Graufesenque auf, wo die Zunahme der Officina- Stmpel die auf Werkstattvergrößerungen deutet parallel mit dem Verschwinden der Bodenstempeln in Drag. 29-Ausformungen auftritt. Eine Verkleinerung der Punzenserien ist sowohl in Rheinzabern als auch in La Graufesenque erst in der letzten Produktionsphase nachweisbar und kann deswegen mit dem Verschwinden des Brauches, Ausformungen zu signieren nicht in Verbindung gebracht werden.

Die Frage inwieweit die Entwicklung von links nach rechts chronologisch gedeutet werden kann, ist, wie bereits bei der Reihenfolge der Seriation festgestellt wurde, nicht zuletzt durch die residualen Töpfer wie Reginus I nicht bis ins letzte Detail zu klären. Die Position von Reginus I mit seinen vielen kopierten Punzen und den mit Gruppe 1 geteilten Randstempeln spricht gegen ein zeitliches Nacheinander auf der Achse der 1. Komponente. Auch dadurch, daß Gruppe 3 über die Randstempel mit Gruppe 1 verbunden und damit zum Teil gleichzeitig ist, kann das Verhältnis der Formschüsselhersteller zur 1. Komponente nicht ohne Weiteres chronologisch ausgewertet werden.

Die Gruppen des Dendrogrammes, die im Diagramm aufgetragen sind, haben vielleicht jeweils einzeln eine chronologische Entwicklung durchlaufen. Die Abformungsquoten innerhalb der Gruppen, die durch die Kompenenten 1 bis 3 aufgeklärt werden, nehmen von links nach rechts zwar durchschnittlich deutlich zu, variieren aber innerhalb der Gruppen stark. Die Datierung der einzelnen Töpfer kann deshalb nicht auf der Prozentzahl abgeformter Punzen beruhen, wie das Beispiel von Reginus I mit 28% abgeformter Punzen zeigt. Zudem ist zu beachten, daß die Größe der Punzenserien auch erheblich innerhalb den verschiedenen Gruppen variiert.

Die Entwicklung der 1. Kompenente von links nach rechts kann, wei bei der Seriation, wahrscheinlich nur grob als eine chronologische Abfolge interpretiert werden. Eine teilweise zeitliche überlappung der Rheinzaberner Punzenfamilien ist annehmbar. Dies scheint durch die Fundkomplexe der (Liste 1) angedeutet zu werden. Um diese Fundkomplexe besser in ihren Schwerpunkte analysieren zu können, sind in Abb. 7a-l die relativen Häufigkeiten der Dekorationen jeweils im Diagramm aufgetragen. Sie geben einen überlick, welche Fundkomplexe am geschlossensten wirken. Vor allem die Fundkomplexe Großsachsen, Degerfeld, Hofheim-Grube 1958/32/2 und Rheinzabern FK 75/9 scheinen in einem kleineren Zeitraum entstanden sind.

Als Ergebnis kann man formulieren, daß die hier angewandte Methode für die Analyse der Entwicklung der Produktionsstruktur reliefverzierter Sigillata sehr geeignet, aber für die Erarbeitung einer Chronologie der Fundorte problematischer ist. Für die Belieferung der obengenannten Fundkomplexe spielt auch der Faktor des Verbreitungsgebietes der Produkte eines einzelnen Modelherstellers, oder das Absatzgebiet einer ganzen Gruppe, eine wichtige Rolle 16. Um diese Frage näher studieren zu können, wurden die Häufigkeiten der Jaccard-Gruppen in den Fundorten einer Korrespondenzanalyse unterzogen.

Produkte der Gruppe 1 sind überdurchschnittlich im oberen Donau-Gebiet vertreten. Es ist annehmbar, daß die Formschüsselhersteller dieser Gruppe die bereits bestehende Handelsrouten des Elsäßer Produktionszentrums Heiligenberg benutzt haben und Banassac hier vom Markt verdrängt haben. Einer der wichtigsten Vertreter dieser Gruppe 1 ist der Töpfer Januarius I, der anfänglich in Heiligenberg und nachher in Rheinzabern getöpfert hat.

Ausformungen von Modelherstellern der 3. Gruppe sind relativ häufig in viel weiter östlich gelegenen Gebieten vertreten. Dasselbe gilt für Gefäße die durch Formschüsselherstellern der Gruppen 4-6 dekoriert wurden. Nicht nur hinsichtlich der Punzenzusammenstellung, sondern auch bezüglich der Erschließung von neuen Märkten unterscheidet sich diese 3. Gruppe deutlich von Gruppe 1. Für die Eröffnung des neuen Marktes im Osten war ein Produktionsvergrößerung notwendig, womit die Gruppen 3, 4, 5 und 6 in Zusammenhang stehen. Freilich kann man nicht mit Sicherheit sagen, ob die Entwicklung in Rheinzabern durch eine Nachfrage-Zunahme im östlichen Donauraum verursacht, oder die Folge einer in Rheinzabern geplanten neue Marketing-Strategie gewesen ist.

Die Parallelität mit der Produktionsentwicklung in La Graufesenque ist kaum zu übersehen. Das verschwinden von gestempelten Ausformungen in La Graufesenque geschah dort in einer Expansions-Phase, als die neuen Gebietserweiterungen wie der Alb-Limes in Raetien sowie die Agricola-Anlagen in Britannien für einen Nachfrageanschub sorgten. Möglicherweise führte diese Zunahme der Produktion in La Graufesenque zur Errichtung einer Filiale in Le Rozier.

Die Produkte der Rheinzaberner Gruppen 2 und 7 tauchen verhältnismäßig am meisten im näheren Umkreis von Rheinzabern auf. In Raetien, Noricum und Pannonien wurden sie nicht mehr in größeren Mengen verkauft. Das Fehlen dieser Gruppen in einem Fundort darf also nicht ohne Weiteres für eine Datierung verwendet werden. Auch hier ist die Parallelität mit dem begrenzten Absatz der jüngsten Modelhersteller aus La Graufesenque auffällig. Aus diesem Gesichtspunkt können die Produkte der Rheinzaberner Gruppen 2 und 7, die nur noch in geringem Maße über große Abstände verhandelt wurden, als die jüngsten angesehen werden können. Die hohe Anzahl kopierter Punzen in dieser Gruppe wäre damit in übereinstimmung. Das Studium des Verbreitungsgebietes Rheinzaberner Sigillaten wird aber durch die - verglichen mit dem Absatz von Produkten aus La Graufesenque -geringeren Verbreitung erschwert, wodurch die Belieferungsunterschiede nicht so deutlich hervortreten.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß die räumliche Darstellung der Rheinzaberner Modelhersteller im Diagramm in Vergleich zur Seriationsresultat eine viel bessere Beurteilung über die interne Kohärenz sowie über die Distanzen der Punzenfamilien zueinander ermöglicht. Einen zeitlichen Faktor ist damit nur in sehr großen Zügen, nicht jedoch bis in den Details aufzuschlüsseln.

Die individuellen Töpfer müssen in Zukunft einzeln datiert werden. Die Statistik kann nur den Rahmen der allgemeinen Entwicklung in den Sigillata-Produktionszentren aufklären, nicht jedoch die persönlichen Schicksale der Töpfer.